Antifa Aktion Gera: „Nazis genervt – geht da noch mehr?“

Artikel auf: http://de.indymedia.org/2011/08/313582.shtml

Der neunte Anlauf antifaschistischer Proteste gegen das Nazifest in Gera ist vorbei. Über 1000 Menschen machten sich am Samstag auf den Weg zu Kundgebungen, Sitzblockaden und Direkten Aktionen. Ihr Ziel: die NPD-Veranstaltung möglichst verhindern. Dazu kam es aber leider nicht. Am Ende fand das „Rock für Deutschland“ mit 600 bis 700 Personen wie in den Vorjahren statt. Doch Antifas und Zivilgesellschaft machten es ihnen wenigstens etwas schwieriger. So wird dieser Tag einigen Neonazis hoffentlich in unschöner Erinnerung bleiben. Um 2012 einen antifaschistischen Punktsieg zu landen, gilt jedoch: mehr Inhalte, mehr Menschen, mehr Entschlossenheit!

Sitzblockaden und Paketsprengung – NPD-Anmelder muss umdrehen

Schon um 7.00 Uhr begannen die Kundgebungen des Aktionsbündnis Gera gegen Rechts rund um die Spielwiese, auf der das Nazitreffen nach wochenlangem Hin und Her letztlich stattfinden sollte. Immer mehr Gegendemonstrant_innen kamen im Laufe des Vormittags zusammen und setzten sich auf die Zufahrtswege. Am Ende waren es zwischen 1000 und 1200 Menschen. Deren Sitzblockaden, südlich und westlich des Parks, zwangen den NPD-Anmelder Gordon Richter und dessen Gefolgschaft in ihren Autos umzukehren. Sie mussten, wie mehrere Rechtsrockbands, zu Fuß auf den nordöstlichen Zugang ausweichen. Dieser war durch Polizeieinheiten, Transporter und Hamburger Gitter hermetisch abgeriegelt. So wurde ein großer Teil der Neonazis vom Südbahnhof über die Bundesstraße 92 und Heinrichsbrücke eskortiert. Der Versuch die Gitter zu öffnen und zu überwinden, um diesen Weg zu blockieren, scheiterte. Im Nordwesten leitete die Polizei auf der Bundesstraße 2 mehrfach Neonazis direkt durch die Blockaden. Antifaschist_innen schafften es diese zu attackieren; auch mehrere Autos traf es. Die Polizei jagte die Leute daraufhin in den nahegelegenen Stadtwald und setzte Pfefferspray ein, womit sie ebenso ihre eigene Einheit traf. Außerdem wurden mehrere Menschen in Gewahrsam genommen. Nach Angaben des Ermittlungsausschusses waren bis zum Abend aber alle am Tag Gefangengenommenen wieder frei.

Bis zum Nachmittag hatte die Polizei über 600 Neonazis an den Sitzblockaden vorbei gelotst. Daraufhin zogen die Gegner_innen in einer Demonstration vom Stadtteil Debschwitz in die Innenstadt, wo der größte Teil abreiste. Von nun an war die NPD-Veranstaltung bis in die Abendstunden ungestört. Damit konnten die Blockaden das „Rock für Deutschland“ wieder nicht verhindern. Allerdings waren die Neonazis durch die Verzögerungen immerhin genervt. Hinzu kam, dass sich schon deren Aufbau am Freitag um über eine Stunde verzögerte, da auf der Spielweise ein verdächtiges Paket entdeckt wurde. Erst nachdem das Landeskriminalamt aus Erfurt eintraf und die letzten Endes harmlose Verpackung sprengte, gab die Polizei den Platz wieder frei.

„Farbbomben“ auf Naziladen nach Angriffen und Drohungen

Wenige Tage vor dem NPD-Fest besuchten offenbar Antifaschist_innen den Geraer Naziladen „Inside“. Dabei wurde das Geschäft in der Reichsstraße 33 augenscheinlich von „Farbbomben“ getroffen. Es war wohl die Antwort auf eine Welle von Angriffen gegen Linke, die kurz vorher ihren Höhepunkt fanden. Eine Gruppe Neonazis warf mit Buttersäure gefüllte Luftballons auf die „Montagsdemo“. Bereits in der Nacht zum Sonntag wurden zwei Jusos-Mitglieder angegriffen und das DGB-, sowie mehrere Parteibüros beschädigt. Seit Juli häuften sich Aufkleber, Parolen an Häuserwänden sowie Bedrohungen von Gegner_innen. Bereits am 17. Juni versuchten Neonazis bei einer NPD-Kundgebung auf die Protestveranstaltung des Aktionsbündnis zu gelangen.

Blödes Spiel, oder: das bleibt fürs nächste Mal

Im Jahr zwei der Blockaden bleibt einiges festzuhalten. Der Protest wird größer, breiter und nimmt den Neonazis ihre unwirklich scheinende Normalität in dieser Stadt. Zudem konnten die Aktionen den Ablauf des „Rock für Deutschland“ zumindest verzögern. Um das NPD-Fest wirklich zu blockieren, braucht es allerdings mehr. Schließlich reiht sich dieses mittlerweile in mehreren Dimensionen in Aufmärsche wie in Dresden und Wunsiedel ein. Wenn der nächste Verhinderungsversuch 2012 nach einem Jahrzehnt wirklich gelingen soll, muss mehr passieren. Dann reichen nicht nur 1000 Menschen, die für ein paar Stunden einzelne Straßen dichtmachen, während die Neonazis trotz dessen an ihnen vorbei eskortiert werden und bis zum Abend feiern können. Dann müssen es mehr Menschen werden, die solidarischer und entschlossener handeln! Nicht um jeden Preis, sondern mit dem Bewusstsein über die Notwendigkeit einer linksradikalen und antifaschistischen Intervention.

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